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Die Entstehung des Bistums Rourkela

 

Die Kongregation der Glaubensverbreitung trennte 1979 den Distrikt Sundargarh im Bundesstaat Orissa von der Diözese Sambalpur ab und errichtete dort am 4. Juli die Diözese Rourkela. Die neue Diözese umfasste 9.674 Quadratkilometer und zählte im Jahre 1980 etwa 1.300.000 Millionen Einwohner. Rund 128.700 davon waren Katholiken. Es gab 24 Pfarreien in Rourkela mit etwa 300 Außenstationen, außerdem über 180 Schulen und ein kleines Krankenhaus.

Für die Diözese Sambalpur bedeutete die Teilung in zwei Bistümer einen Verlust an Gläubigen. Durch die Abteilung des Bistums Rourkela verringerte sich die Gesamtgröße Sambalpurs auf etwa 37.300 Quadratkilometer. Kamen dort 1969 noch 115.280 Katholiken auf 4.500.000 Millionen Einwohner, so gab es 1980 nur noch 20.854 Katholiken unter 5.912.000 Millionen Einwohnern. Obwohl Sambalpur also größer ist als Rourkela, besitzt es weniger Christen. Dieser Umstand erklärt sich zum einen aus der Tatsache, dass sich schon die Missionsarbeit der Jesuiten bis 1946 auf den nördlichen Distrikt des Missionsgebiets Sambalpur konzentrierte - eben jenen Distrikt Sundargarh, der später Kern des Bistums Rourkela wurde. Die Steyler Missionare bauten nach ihrer Übernahme des Missionsgebietes auf diesen Fundamenten auf. Zum anderen brachte die Industrialisierung Rourkelas einen Zustrom an Katholiken (siehe Kapitel „Die Industrialisierung in Rourkela"). Im Jahre 2002 war die Bevölkerung im Bistum Sambalpur auf 6.292.800 Einwohner angestiegen. 32.890 davon waren katholisch, das entspricht fünf Prozent. In der Diözese Rourkela dagegen waren von 1.648.000 Einwohnern 220.450 katholisch, also über 13 Prozent.

 

Zum ersten Bischof der neuen Diözese ernannte Papst Johannes Paul II. am 16. Juli 1979 den 46-jährigen Pater Alphonse Bilung, Mitglied der Steyler Generalleitung. Bilung war 1933 im Missionsgebiet Sambalpur geboren worden und 1952 in die Gesellschaft des göttlichen Wortes eingetreten. Seine Priesterweihe war 1961. Zur Amtseinführung des neuen Bischofs von Rourkela reiste Westermann wieder nach Indien, in seinen alten Wirkungskreis. Begleitet wurde er von seiner Schwester Hildegard, die 18 Jahre in der Mission in Rourkela gearbeitet hatte, und seinem Vetter Theo Westermann, 1979 Verwaltungsrat in Werne, der die Ereignisse in Indien mit Kleinbildkamera und Filmgerät festhielt. Es sollte Westermanns letzter Aufenthalt in dem Land seines missionarischen Wirkens sein. Auf ihrer Reise besuchten die Westermanns unter anderem Kalkutta. Dort hatten Theo und Hildegard die Gelegenheit, die Nobelpreisträgerin Mutter Teresa zu besuchen und sich mit ihr zu unterhalten. „Wobei sie ihre Freude über den Nobelpreis als Anerkennung für die Armenfürsorge nicht verbarg", berichtete Theo Westermann später in einem Zeitungsartikel. Mutter Teresa schenkte dem Deutschen ein Foto mit der persönlichen Widmung: „Love others as God loves you. God bless you." (Liebe andere so, wie Gott dich liebt. Gott segne dich.) Beeindruckt zeigte sich Theo Westermann später in einem Zeitungsartikel (Ruhr-Nachrichten vom 22. Dez. 1979) über die Freude der Inder angesichts ihres Wiedersehens mit ihrem langjährigen Bischof. „Nach Landessitte begrüßte man uns durch das Umhängen von Ehrenkränzen", erinnerte sich Theo Westermann. Nach der Bischofsweihe unternahmen Hermann und Theo Westermann eine zehntägige Reise in die Missionsstationen von Bischof Westermanns ehemaliger Diözese. „Mit Respekt sah ich, was er dort alles schuf, so Schulen, Krankenhäuser, Kirchen und viele andere soziale Einrichtungen", sagte Theo Westermann.

 

Am 6. Juni 1982 feierte Hermann Westermann im Missionshaus St. Arnold in Neuenkirchen, dem er als Mitglied der Steyler Missionsgesellschaft zugeschrieben war, sein Goldenes Priesterjubiläum. Auch in Münster, in der St. Mauritz-Pfarre, gab es einen Festakt. Dort würdigte Bischof Dr. Reinhard Lettmann die Verdienste Westermanns. In Achtung und Ehrfurcht vor den menschlichen und kulturellen Werten des indischen Volkes habe Westermann seinen missionarischen Dienst getan. Dabei habe er sich bemüht, die Situation der Menschen in Indien und ihre religiösen Vorstellungen zu verstehen. In einem Zeitungsinterview zu seinem Goldenen Priesterjubiläum erklärte Westermann: „Mein Herz ist immer noch sehr mit Sambalpur verbunden, und ich denke an die Leute dort, wenn ich bete, vor allem während der heiligen Messe. Für mich ist alles Werk der Gnade Gottes. Gott schenkte mir 80 Jahre in guter Gesundheit. Ich durfte 41 Jahre in Indien arbeiten und ich war niemals ernstlich krank. Mehr kann ich nicht erwarten."

 

Die Handmaids of St. Mary brachten zu Westermanns Jubiläum am Eingang ihres Novizialhauses in Jharsuguda eine Gedenktafel an. Die Tafel erinnert daran, dass Westermann 1972 den Bau geweiht hatte, nachdem er ihn zuvor veranlasst hatte. Westermann seinerseits legte im Juni 1984 in seinem Testament eine „Bischof-Westermann-Stiftung" zugunsten der Handmaids fest. Aus seinen eigenen Mitteln stellte er hierfür einen namhaften Betrag zur Verfügung. Die Stiftung wird vom Steyler Missionsprokur in St. Augustin verwaltet.

 

Im April 1985 feierte Westermann noch seinen 80. Geburtstag, obwohl sich sein Gesundheitszustand aufgrund seines hohen Alters verschlechtert hatte. Zu diesem Geburtstag wurde Westermann von der Bistumszeitung der Diözese Münster, „Kirche und Leben", mit der Plakette „Die gute Nachricht" ausgezeichnet. Diese Plakette erhalten Persönlichkeiten, die durch ihre Tätigkeiten zum Publizieren guter Nachrichten beigetragen haben.

 

Mit derselben nüchternen Einstellung, die so oft in seinen Berichten im Arnoldus oder der Steyler Missionschronik zum Ausdruck kam, äußerte sich Westermann im März 1985 über seinen Gesundheitszustand: „Nun bin ich bereits seit acht Wochen leidend. Es fing mit einem Hexenschuß an." Seit Anfang des Jahres hatte sich bei ihm eine schmerzhafte Osteoporose (Knochenentkalkung) bemerkbar gemacht. „Schließlich sammelte sich zwischen Lungen und Rippen auch noch Wasser an, und die Füße waren so angeschwollen, daß er seine Schuhe nicht mehr anziehen konnte", berichtete Pater Berchmans Reifig in seinem Nachruf auf Westermann. Wegen akuter Atemnot wurde Westermann am 18. Oktober im Franziskushospital von St. Mauritz in Münster aufgenommen. Dort starb er am Mittwoch, den 23. Oktober 1985. Dem Trauergottesdienst stand Bischof Dr. Reinhard Lettmann von Münster vor. Ihm assistierten vier andere Bischöfe und fünf Steyler Mitbrüder, die früher an Westermanns Seite als Missionare in Indien gearbeitet hatten. Westermann wurde auf dem Friedhof des Missionshauses St. Arnold in Neuenkirchen beigesetzt. „Ich habe ein gutes und erfülltes Leben gehabt und dafür bin ich dankbar. Die schwierigsten Jahre haben mich eigentlich am meisten reich gemacht und mein Leben so angefüllt, daß ich heute noch etwas davon habe", hatte Westermann noch kurz vor seinem Tod im Gespräch mit Dr. Günther Mees gesagt.

 

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