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Berufswunsch: Priester und Missionar (1905 bis 1932)

„Ich bin in schlichten, einfachen Verhältnissen aufgewachsen", sagte Hermann Westermann über sich selber (Nachruf von Pater Berchman Reifigs). Westermann wurde am 24. April 1905 in seinem Vaterhaus am Roggenmarkt geboren. Der Vater Heinrich Westermann, ursprünglich Maurer, verdiente den Unterhalt für seine Familie als Grubenarbeiter auf der Werner Zeche. Hermann Westermann war das älteste von sechs Kindern. Nach Aussagen des ehemaligen Werner Schulrats und Prälaten Heinrich Surmann war der Vater eine „tiefreligiöse, kernige Persönlichkeit, [die sich] großen Ansehens und allgemeiner Beliebtheit in seiner Heimatstadt [erfreute]." Hermann Westermanns Mutter Anna, geborene Völker, starb bereits im Jahr 1919. „Sie hat es in tiefer Beglückung noch eben erlebt, daß ihr Sohn Hermann seine gymnasialen Studien begann und schon von Anfang an ausgesprochene Neigung zum Missionarberuf bekundete", so Surmann. Der Vater heiratete ein zweites Mal. Die Stiefmutter Westermanns lebte noch, als dieser 1951 in Werne sein erstes Pontifikalamt als Bischof von Sambalpur feierte. Der Vater war ein Jahr vor Westermanns Heimaturlaub gestorben.

 

Nach der Volksschule besuchte Hermann auf besondere Empfehlung der Lehrer zunächst die städtische Rektoratsschule in Werne. Surmann: „Bei seiner außergewöhnlichen Begabung war es dem Rektor ... ein Leichtes, den jungen Schüler durch private Förderung die Sexta und Quinta in einem halben Jahre durchlaufen zu lassen, so daß er im Herbst 1918 in die Quarta steigen konnte."

1920 trat Westermann als Missionsschüler in das Steyler Missionsgymnasium St. Xaver in Bad Driburg ein und ging ein Jahr später nach Steyl in das dortige St. Michael-Gymnasium. Der Junge wollte Priester und Missionar werden. „Ich war begeistert von dem Wunsch, Priester zu werden, doch das als Missionar‘", wird Westermann von Dr. Günther Mees zitiert. Der ehemalige Chefredakteur von „Kirche und Leben" (Kirchenzeitung für das Bistum Münster) schilderte in seinem Buch „Menschen mit Profil" unter anderem eine Begegnung mit Westermann, die 1990 im „Liboriusblatt" abgedruckt wurde. Beeinflusst wurde Westermanns Berufswunsch zum einen durch das Beispiel seines Onkels Heinrich Rohling, der als Steyler Missionar in Argentinien wirkte. Außerdem hatte die Großmutter Hermann Westermanns die „Stadt Gottes" (Familienzeitschrift der Steyler Missionare) abonniert, die ihr Enkel gerne las.

 

1925 schloss Westermann mit dem externen Abitur auf dem Thomäum in Kempen das Gymnasium ab. Noch im gleichen Jahr trat er das Noviziat bei der Steyler Missionsgesellschaft in St. Augustin (Kreis Siegburg) an. 1927 legte er dort seine Erstprofess ab und begann mit dem Philosophiestudium. 1928 wurde er zum weiteren Studium der Theologie nach Techny (Illinois) in die USA gesandt, im Rahmen eines ordenseigenen Studentenaustausches. Nach Beendigung seines Theologiestudiums empfing er 1932 die Priesterweihe in Chicago. Am 10. Juli desselben Jahres feierte er in Werne seine Heimatprimiz. Dieser Besuch in Werne war gleichzeitig ein Abschied für lange Zeit. Denn nach einigen Wochen Heimaturlaub musste sich Westermann auf seine Mission in Indien vorbereiten.

 

Rückblickend beschrieb Westermann gegenüber Dr. Günther Mees, dass sein Weg zum Priester und Missionar nicht so einfach und gradlinig gewesen sei, wie er sich liest. Im Noviziat hätte er am liebsten einmal „einfach Schluß gemacht", nachdem zwei seiner besten Freunde das Noviziat verlassen hatten. Der eine wurde Priester in Paderborn, der andere ein erfolgreicher Reisekaufmann. Westermann spielte damals mit dem Gedanken, Literaturwissenschaft zu studieren. Dann hätte sich der junge Novize jedoch zu sich selber gesagt: „Mein Gott, ich bin doch hierher gekommen, um Priester und Missionar zu werden und jetzt willst du das alles aufgeben?" Er sei dann in die Kirche gegangen und habe gebetet. Seitdem habe er keine Zweifel mehr an seiner Berufswahl gehabt. Nachdem er auch sein Theologiestudium mit hervorragenden Noten abgeschlossen hatte, stand Westermann noch einmal an einem Wendepunkt seines Lebenswegs. Er interessierte sich für das Studium des Kirchenrechts. Seine Oberen hatten dies bemerkt und gaben ihm den Rat, sich zum weiteren Studium nach Rom zu melden. Doch Westermann bat sich eine zweitägige Bedenkzeit aus, an deren Ende er sich für die Mission in Indien entschieden hatte.

 

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