Bischof (emeritus) Alphonse Bilung
Steter Einsatz für die Verbesserung des Bildungssystems
In Rourkela führte Bischof Alphonse Bilung rd. drei Jahrzehnte - bis zu seiner Emeritierung am 31. März 2009 - das Werk Bischof Hermann Westermanns fort. Insgesamt betreute er 40 Pfarreien mit mehr als 222.500 Katholiken. Die Mehrheit der Gläubigen sind Ureinwohner in den Dörfern; ihr Haupteinkommen ist der Ackerbau und obwohl sie relativ arm sind, verfügen sie dennoch über „einen festen Glauben“.
Zu jeder Pfarrei gehört ein Kranz von Außenstationen und kleinen Dorfkapellen. Dort kommen die Gläubigen jeden Sonntag zusammen, um zu beten oder eine heilige Messe zu feiern. Insgesamt 46 Diözesanpriester teilen sich neben einer noch größeren Zahl an Ordensleuten verschiedener Gemeinschaften die umfangreiche Arbeit vor Ort.
Bischof Alphonse Bilung setzte sich zudem engagiert für die Verbesserung des Bildungssystems ein. Die Diözese unterhält 161 Grundschulen, 45 Hauptschulen und 16 Gymnasien. Das größte Problem ist der Unterhalt und die Finanzierung dieser Maßnahmen, denn viele Lehrer erhalten ihren staatlichen Lohn nur unregelmäßig. Erst durch den - übrigens konfessionslosen - Unterricht ist den Menschen die Möglichkeit zu sozialem Aufstieg gegeben.
Auch Bischof Bilung verwies bei seinen vielen Aufenthalten in Werne stets auf die Schwierigkeiten im Umgang mit der indischen Regierung, die weiterhin am Kastenwesen mit einer kleinen Führungselite festhalte. Der Bischof selber ist ein engagierter Kämpfer gegen das Kastenwesen. „Das Kastenwesen ist immer noch ein Problem in Indien, es durchdringt die ganze Gesellschaft. Vor allem den Dalits [‚Unberührbaren', untersten Schicht der indischen Gesellschaft] hat das Kastensystem ihre sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und persönlichen Rechte genommen."
So sei das Christentum vor allem für diejenigen Menschen attraktiv, die in der indischen Gesellschaft nichts gelten würden. Offiziell habe die Indische Regierung nach Gründung der Republik 1950 zwar allen Bürgern die gleichen Rechte garantiert - unabhängig von Religions- oder Kastenzugehörigkeit. Aber Quotenregelungen für den Zugang zu Ämtern und Posten galten zunächst nur für die Hindu-Dalits. „Etwas später wurde die Anordnung auf Buddhisten und Sikhs ausgeweitet. Ausgeschlossen sind nur die christlichen Dalits. Ein christlicher Dalit erhält keine der Privilegien, die ein Hindu-Dalit fordern kann."
Trotzdem versuchten viele Dalits sich von den Fesseln des Hinduismus zu befreien, indem sie das Christentum annähmen. Die Kirche stehe fest hinter den Dalits und ihrem Kampf für Emanzipation. „Das ist der heimliche Grund dafür, warum die höheren Kasten gegen die Kirche und die Mission sind. Und deshalb werden Missionare als Auslöser dieser Befreiung gehasst, angegriffen und getötet." Außerdem versuchten indische Politiker den Religionswechsel zu erschweren. Denn die meisten Politiker und Verwaltungsleute gehörten zu den höheren Kasten. Sie möchten ihre Vorherrschaft mit allen Mitteln sichern. Die Emanzipation der Dalits versuchten sie um jeden Preis zu verhindern.
Auch wenn die Missionare wegen der Angriffe und Mordversuche vorsichtig geworden seien, seien sie nicht entmutigt oder ängstlich. „Die Leute kommen zur Kirche wie immer. Die Gesetze gegen den Religionswechsel sind eine Verletzung unserer Rechte, die uns die indische Verfassung garantiert. Also sind die Leute frei zu tun, was sie wollen. Wir bekehren niemanden, aber wenn jemand zu uns kommen möchte, akzeptieren wir ihn", berichtete Bischof Alphonse Bilung.
Anfang der 80-er Jahre protestierte Erzbischof Hubert D'Rosario, Versitzender des Bischofsrats vom Nordosten Indiens, in einem Brief an Indira Gandhi gegen die Unterdrückung der Katholischen Kirche. Er forderte die Einhaltung der verfassungsrechtlich garantierten Religionsfreiheit. Diese werde im Nordosten Indiens von den Behörden „völlig mißachtet". Die Kirche sei dort mutwilligen Verfolgungen ausgesetzt - von Behinderungen der Religionsausübung bis hin zu tätlichen Angriffen.
Beispielsweise musste Anfang des Jahres 1988 der Pallottinerpater Josef Böckenhoff, der in Goa ein Zentrum zur Betreuung von Ausländern unterhielt, Indien verlassen. Die Behörden hatten nach seiner 14-jährigen Tätigkeit die Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr verlängert. Böckenhoff sagte der Zeitung „Kirche und Leben", dass katholische Geistliche in den vergangenen Jahren immer wieder Schwierigkeiten bekommen hätten, in Indien zu arbeiten. Seine Arbeit sei den Behörden sowieso ein „Dorn im Auge" gewesen. Denn Böckenhoff hatte sich vor allem um Aussteiger aus dem Wesen gekümmert. So habe er mit seinen Mitarbeitern versucht, drogenabhängigen Kranken und anderen in Not geratenen Ausländern im ehemaligen Hippie-Paradies am Strand von Goa zu helfen. Diese Arbeit sei nun gefährdet.
Die meisten nichtchristlichen Inder stehen den christlichen Einrichtungen in ihrem Land mit Misstrauen gegenüber. Immerhin machen die Christen dort nur etwa 2,3 Prozent der Bevölkerung aus. 82 Prozent der Inder sind Hindus.
In dem Steyler Sozialinstitut „Seva Sadan" und dem ihm angegliederten Verein für öffentliche Wohlfahrt verbinden sich Christen und Nichtchristen zu einer gemeinsamen Aufgabe. Beide Einrichtungen verstehen sich als politisch und religiös neutrale Institutionen. Sie respektiert die unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten der verschiedenen Gruppen, um die sie sich kümmern.