Bischof Hermann Westermann
„Mein Gott, hier sollst du für den Rest deines Lebens bleiben!?" Als Bischof Hermann Westermann zum ersten Mal seinen Bischofssitz, die indische Kleinstadt Sambalpur in der gleichnamigen Diözese betrat, war er entsetzt. Sambalpur bestand 1951 aus einer Ansammlung schäbiger Häuser an schlechten Straßen, in denen nicht eine einzige katholische Familie wohnte.
Doch Hermann Westermann blieb - wenn auch nicht für den Rest seines Lebens, so doch den größten Teil davon. Erst 1974 kehrte er in seine Heimat Deutschland zurück - elf Jahre vor seinem Tod. Bevor Westermann Bischof von Sambalpur wurde, hatte er bereits seit 19 Jahren als Missionar in der Region Indore gewirkt. Damit hatte der Deutsche mehr als die Hälfte seines Lebens in Indien verbracht. In dieser Zeit bekehrte er nicht nur mehrere Tausend Inder zum katholischen Glauben, sondern er errichtete Krankenhäuser und Apotheken, gründete zahlreiche Schulen und übersetzte wichtige katholische Glaubensschriften in Hindi. Besonders wichtig war es für den Deutschen, die indischen Christen durch Schulen und andere Bildungseinrichtungen zu befähigen, die Missionsarbeit im Bistum selber zu übernehmen - als Laien und als Geistliche. So wuchs unter Westermanns Förderung die indische Schwesternschaft der Handmaids of St. Mary im Laufe von 20 Jahren von zehn auf über 200 Nonnen.
Bei seiner Arbeit wusste Westermann nicht nur die besonderen Herausforderungen zu meistern, die Mitte der 50-er Jahre durch die Industrialisierung seiner Diözese Sambalpur entstanden. Er respektierte auch die kulturelle Eigenständigkeit der indischen Ureinwohner, zeigte großes Interesse und Verständnis für ihre Traditionen.
Seine Heimatstadt Werne würdigte im Jahr 1976 mit der Verleihung der Ehrenbürgerrechte die Verdienste des Bischofs. In dem entsprechendem Antrag der CDU-Fraktion hieß es: „Bischof Westermann hat sich in den mehr als 40 Jahren, die er in Indien wirkte, große Verdienste erworben, die im Einzelnen zu nennen unmöglich ist." Die Leistungen des Bischofs aus Werne im Einzelnen aufzuzeigen, ist nun das Ziel der vorliegenden Biografie. Sie zeichnet seinen Lebensweg vom Bergmannssohn aus einer münsterländischen Kleinstadt bis zum Bischof in Indien nach. Die Missionsarbeit Westermanns ist vor dem historischen Hintergrund der Entwicklung Indiens zu sehen - von der britischen Kolonie zu einem der bevölkerungsreichsten und vielfältigsten, aber auch ärmsten Länder der Welt.
Das Wirken Westermanns als Missionar und Bischof ist einigermaßen gut dokumentiert. Wilhelm Lülf, Vorsitzender des Fördervereins Rourkela, stellte mir freundlicherweise die entsprechenden Unterlagen aus seinem Privatarchiv zur Verfügung.
Als Quellen sind zunächst verschiedene Veröffentlichungen der Steyler Missionsgesellschaft zu nennen: der Arnoldus, ein internes Steyler Nachrichtenblatt seit 1948; die Steyler Chronik, ein internes Steyler Nachrichtenorgan von 1919 bis 1939; die Steyler Missionschronik (ein Jahrbuch ab 1959). Einen ausführlichen Bericht über die Steyler Missionsgebiete im 2. Weltkrieg verfasste Pater Anton Freitag SVD in seinem Werk „Glaubenssaat in Blut und Tränen" (Steyl 1948). Von Bruder Berchmans Reifig SVD liegt ein Nachruf auf Westermann vor, gedruckt in: „So waren sie" (Band 3. Steyler Missionare aus 19 Ländern, Steyl 1996). Von Reifig gibt es außerdem den Bericht „Ein halbes Jahrhundert Sambalpur-Mission" (1998). Pater Engelbert Zeitler SVD verfasste Mitte der 70-er Jahre einen Bericht über die Steyler in Sambalpur (Poona 1976). Hinzu kommen Artikel aus folgenden Zeitungen: „Kirche und Leben" (Zeitung für das Bistum Münster), „Das Liboriusblatt", „Stadt Gottes" (Steyler Familienzeitschrift), „Ruhr Nachrichten", „Westfälischer Anzeiger" und „Westfälische Nachrichten".
Folgende Seiten:
2. Berufswunsch: Priester und Missionar (1905 bis 1932)
3. Als Missionar in Indore (1932 bis 1950)
4. Westermanns Missionsalltag in Indore
5. Die Steyler Indienmission im 2. Weltkrieg
6. Indiens Weg in die Freiheit
7. Als Bischof in Sambalpur (1951 bis 1974)
8. Ausbau des Schulwesens in Sambalpur
9. Die Dienerinnen Mariens und das Krankenhaus in Kalunga
10. Glaubensverkündung und Seelsorge
11. Die Industrialisierung in Rourkela
13. Zurück in Deutschland (1974 bis 1985)
14. Die Entstehung des Bistums Rourkela
15. Das Erbe Bischof Westermann